Ich bin ja weiß Gott nicht so paranoid, das ich hinter jeder Ecke eine Verschwörung vermute. Beispielsweise habe ich keine Angst davon Bilder von mir im Internet zu finden, weil ich Angst habe jemand könnte dieses Bild als Vorlage für einen gefälschten Personalausweis verwenden (alles schon gehört). Trotzdem läuten auch bei mir seit einigen Wochen die Alarmglocken.
Neben den von der EU geplanten verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten, gibt es auch seit längerem eine Debatte zum Bundestrojaner, der dem deutschen Staat die Möglichkeit gibt die Festplatte eines jeden Bürgers per Trojaner legal auszuspionieren.
Nachdem heute das Urteil fiel, dass eine solche Spionage derzeit nicht legal sei, setzt der Innenminister mit einer angedachten Gesetzesänderung nach, mit der er seinen Willen dann doch durchsetzen kann.
Besonders passend fand ich dazu die Äußerung von Ex-Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch, der meinte, der PC sei ein ausgelagertes Gehirn und das es eine heimliche Durchsuchung des Rechners über das Internet schlimmer als ein Lauschangriff sei.
Recht hat er! Überlegen wir doch mal was wir alles auf der Platte rumliegen haben? Neben gesammelte e-mails, Messenger-Logs usw., die man hier übersichtlicher und archiviert präsentiert bekommen kann als an jedem mitsniffenden Server gibt es auch Dokumente aller Art. Von der Fotosammlung der Digicam über die rechtlich fraglichen MP3-Sicherungen der eigenen CDs bis zur private Finanzplanung wäre alles für den Staat offenbart.
Der PC ist in jedem Fall eine Gedächtnisstütze und hält viel mehr Informationen parat als ein abgehörtes Gespräch.
Es mag ja gut und schön sein, unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung die Privatsphäre von Otto Normal einzuschränken, aber man überschreitet mit einer von Herrn Schäuble geplanten Gesetzesänderung ja doch irgendwo eine wichtige Grenze. Mir scheint manchmal, das die Leute aufgrund der Panikmache vor Anschlägen vergessen worum es bei dieser Grenze geht.
Hier eine kleine Gedächtnisstütze wofür diese Grenze (unter anderem, ich will nicht ausschließen das ich auch was vergessen habe) da ist.
Im Moment soll nur der Terror bekämpft werden. Allein hier sitzt schon ein Problem, denn man könnte zu unrecht jemanden verdächtigten und damit seine Privatsphäre unberechtigt verletzen. Kann man jetzt noch sagen, ein bissel Schwund is immer, so gewöhnt man sich doch an solche Praktiken. Irgendwann hat man sich so daran gewöhnt, das es normal ist. Und dann wird das Zielgebiet ausgeweitet. Wer ist das nächste Ziel? Menschen, mit gefährlichem Gedankengut wie Nazis oder Pädophile? Menschen, die der Wirtschaft schaden wie Steuerhinterzieher? Vielleicht dann auch noch Raubkopierer oder “Killerspieler”? Menschen die sich kritisch gegen den Bundeskanzler äußern?
Ihr wisst worauf ich hinaus will. Es ist das alte Problem, des Zwecks der die Mittel heiligt, in Kombination mit dem des römischen Feldherren, der nach überstandener Notsituation die Staatsgewalt nicht abtreten will.
Dieser Gewöhnungseffekt klingt ein wenig unglaublich, aber man bedenke doch einmal den Aufruhr vor und während der ersten Big Brother-Staffel. Es passiert einfach. Wir sollten uns bewusst machen, auf was wir da zusteuern. Vergleiche zur Stasi und Orwells Werk 1984 sind fallen leicht.
Nicht unerheblich neben den Möglichkeiten des Staates sind am Ende auch die der professionellen Hacker aus aller Welt. Diese könnten den Trojaner natürlich nutzen um Trittbrett zu fahren. Bezüglich der “Sicherheit” dieses Trojaners bezweifle ich jedenfalls stark, dass zwei Entwicklerstellen einem weltweiten Heer an Trittbrett-Hackern lange standhalten kann.
Und nehmen wir mal an der Bundestrojaner würde von Virenscannern erkannt und beseitigt. Würde das der Staat auf sich sitzen lassen? Es gibt zwei Möglichkeiten, entweder permanent neue Trojaner schreiben oder ein Gesetz erlassen, der es verbietet den Trojaner zu beseitigen. Letzteres hätte natürlich ein permanentes Backdoor in jeden PC zur Folge. Gut, das ist jetzt ein wenig hoch gegriffen aber es geht in die Richtung.
In jedem Fall: rosige Aussichten sind das nicht. Ich bin ja dann auch mal gespannt ob der Trojaner auch auf Mac- und Linux-Systemen laufen wird.